Kollaps der Bahnverbindungen nach Wilhelmshaven und Esens geht weiter
Am Freitag, den 5.Juli erreichte das Desaster auf der Bahnstrecke Wilhelmshaven-Oldenburg einen neuen traurigen Höhepunkt. Von den 12 Zügen, die zwischen 8.36 Uhr und 19.36 Uhr in Oldenburg starteten, erreichte ein einziger den Zwischenstop in Sande so rechtzeitig, dass die Reisenden Richtung Schortens, Jever, Wittmund, Burhave und Esens, in den direkten Anschlusszug umsteigen konnten. Und das auch nur, weil der Anschlusszug 6 Minuten wartete. Die Fahrgäste der anderen 11 Züge mussten eine Stunde auf dem Bahnsteig in Sande warten.
Für Reisende aus Richtung Esens und Wilhelmshaven bedeutete das Verspätungschaos der Nordwestbahn, dass zwischen 12 Uhr und 18 Uhr von 7 Zügen, die in Wilhelmshaven abfuhren, nur einer so rechtzeitig in Oldenburg war, dass die Reisenden den Anschluss Richtung Bremen erreichen konnten.
Zwei Tage später zeichnete sich ein Strategiewechsel der Nordwestbahn ab. Nur noch jeder zweite Zug fährt bis Wilhelmshaven (8.36, 10.36 und 12.36 ab Oldenburg nur bis Sande). Die anderen kehren vorher um, damit sie auf der Rückfahrt Richtung Oldenburg wieder pünktlich sind. So könnte es die Nordwestbahn schaffen, dass die Hälfte der Züge einigermaßen pünktlich ist. Die Bahnreisenden aus Wilhelmshaven werden damit allerdings zum Opfer einer Baustelle südlich von Oldenburg. Und das Ganze passend zum großen Volksfest in Wilhelmshaven, dem „Wochenende an der Jade“.
Uwe Burgenger, Mitglied im Kreisvorstand von Bündnis 90 / Die Grünen in Friesland und leidenschaftlicher Bahnfahrer ist stinksauer: „Für mich ist völlig unverständlich, warum die Nordwestbahn in dieser absehbaren Baustellensituation bei Sandkrug die Züge auch weiterhin von Osnabrück bis Wilhelmshaven durchfahren lässt. Als im Januar die Strecke wegen des Hochwassers der Hunte an gleicher Stelle unpassierbar war, pendelten die Züge zwischen Wilhelmshaven und Oldenburg und waren pünktlich. Das wäre jetzt auch möglich gewesen.“ Burgenger gewinnt inzwischen den Eindruck, „dass hier ein komplettes Planungsversagen der Nordwestbahn vorliegt“.
Uwe Burgenger hat seine Erfahrungen der letzten Tage mit der Bahn in einem „Reisetagebuch“ zusammengefasst:
Bahnverbindung Osnabrück Wilhelmshaven kollabiert
Reisende stehen stundenlang auf Bahnsteigen
Friesland, Wittmund und Wilhelmshaven vom Bahnverkehr abgehängt
Das wären drei Überschriften, die mir zu meinen persönlichen Bahnerlebnissen vom Dienstag und Mittwoch letzter Woche auf zwei Fahrten von Schortens nach Bremen und zurück einfallen. Die Bahn schreibt lapidar auf ihrer App: „Verspätungen und Teilausfälle wahrscheinlich“. Man könnte auch sagen: Die Züge fahren nach einem undurchsichtigen Zufallsprinzip, weil irgendwo gebaut wird.
Im Detail:
Am Dienstag, den 2. Juli hatten sowohl die Verbindung ab Oldenburg um 18.36 Uhr als auch die Verbindung um 19.36 Uhr mehr als 20 Minuten Verspätung. Für die Reisenden, die in Sande Richtung Schortens, Jever, Wittmund, Burhave und Esens umsteigen mussten, bedeutete dies jeweils einen 50minütigen Zwangsaufenthalt auf dem Bahnsteig in Sande und eine einstündige Verspätung. Für Reisende ärgerlich, für Sommerurlauber, die zu den Inseln Wangerooge, Spiekeroog und Langeoog wollen, unter Umständen mehr als das. Da ist die letzte Fähre auch schon mal weg.
Am Mittwoch, den 3. Juli wurde das dann noch einmal getoppt. Um 11.30 Uhr wurde der Zug aus Oldenburg um 11.11 Uhr in Richtung Wilhelmshaven mit einer Verspätung von 50 Minuten in Sande angekündigt. Der Zug um 11.47 Uhr in Richtung Oldenburg sollte angeblich 20 Minuten Verspätung haben. Insidern war sofort klar, dass das nicht stimmen konnte. Und es war so. Es war schlimmer: Offenbar war die Bahnstrecke zwischen Oldenburg und Sandkrug zwischenzeitlich gesperrt worden, sodass der 11.11 Uhr Richtung WHV mehr als eine Stunde Verspätung hatte, bevor er Richtung Oldenburg zurückfahren konnte gegen 13 Uhr Sande erreichte und völlig überfüllt um 13.35 Uhr mit mehr als einstündiger Verspätung Oldenburg erreichte. Dort ereilte die Reisenden Richtung Bremen die Nachricht, dass der Intercity wegen eines Notarzteinsatzes auf der Strecke in Leer nicht fahren würde. Mit der nächsten Bummelbahn nach Bremen. Fazit: 3 Stunden 15 Minuten für die Fahrt von Schortens nach Bremen. Wenn die Bahn ihre Pläne einhielte, wären es 1 Stunde 35 Minuten.
Aber die Verbindungen am Mittwochabend aus Oldenburg nach Wilhelmshaven stellten dann alles in den Schatten.
Die Züge 17.36 und 18.36 Uhr hatten jeweils mehr als 20 Minuten Verspätung, d.h. kein Anschluss in Sande. Stattdessen 50 Minuten Wartezeit auf dem Bahnsteig Sande. Siehe oben.
Und dann kam der Höhepunkt des Reisetages: Die Abfahrt um 19.36 Uhr wurde mit 10 Minuten Verspätung angekündigt, was sich dann langsam erhöhte. Mit 52 Minuten Verspätung startete der Zug schließlich in Oldenburg. Kaum hatte sich der Zug in Bewegung gesetzt, wurde den Reisenden mitgeteilt, dass der Zug wegen der 52minütigen Verspätung nur bis Varel fahren und dort umkehren würde. Reisende Richtung Sande, Wilhelmshaven, Schortens, Jever, Wittmund und Esens wurden quasi aus dem Zug geworfen und durften noch einmal 45 Minuten auf dem Bahnsteig in Varel warten auf den 35 Minuten verspäteten Folgezug. Dass denen niemand gesagt hat, dass sie von Bahnsteig 1 über die Brücke zum Bahnsteig 2 wechseln müssen, ist Bahn-übliches Kommunikationsversagen.
Wer danach auch noch das Pech hatte, nach Schortens, Jever, Wittmund oder Esens zu wollen, durfte an der nächsten Station in Sande nach 10 Minuten Bahnfahrt noch einmal 32 Minuten Bahnsteigluft genießen, um auf den Zug nach Esens zu warten.
Von der Ankunft mit dem Zug aus Bremen in Oldenburg um 19.21 Uhr dauerte die restliche 50 km Fahrt nach Schortens 3 Stunden und 10 Minuten, 45 Minuten Bahnfahrt und 2 Stunden 25 Minuten Rumstehen auf Bahnsteigen.
Wie schrieb es einst die taz: „Zugfahren ist schön, wenn nur die Bahn nicht wäre.“
Und das soll offensichtlich in den nächsten Tagen so weitergehen. Die Bahn droht das jedenfalls auf ihrer App so an. (s.o.)
Am Donnerstag, den 4. Juli konnte man der BahnApp entnehmen, dass der Zug um 8.36 Uhr ab Oldenburg mit 53 Minuten Verspätung aus Oldenburg abgefahren und nur bis Sande gefahren ist. Der Halt in Wilhelmshaven entfällt, hieß es lapidar.
Ich bin fassungslos und wütend darüber, wie die Bahn mit ihren Kunden umgeht. Und so geht es sicher allen Betroffenen. Alle Welt redet von Verkehrswende, die Menschen sollen weniger Auto fahren und dann tut die Bahn alles dafür, ihre eigenen Kunden zu vergraulen und ins Auto zu treiben.
Dabei gäbe es – zumindest für das Teilstück von Oldenburg nach Wilhelmshaven – eine ganz simple Lösung, um das Verspätungs-Desaster der Bahn einzudämmen. Die Strecke Osnabrück-Wilhelmshaven ist notorisch verspätet. Grund dafür sind die Eingleisigkeit und die wenigen Begegnungsstellen zwischen Oldenburg und Osnabrück.
Als im Frühjahr 2024 das Hunte-Hochwasser den Bahnverkehr behinderte, fuhren die Züge nur von Wilhelmshaven nach Oldenburg und zurück. Und in diesen 6 Wochen waren sie pünktlich.
Meine Wahrnehmung sagt mir: 80 % der Reisenden aus Wittmund, Wilhelmshaven und Friesland wollen nach Oldenburg oder Richtung Bremen. Für die wäre das ein Gewinn.
Deswegen fordere ich:
Trennt die RE18 in Nord (Oldenburg-Wilhelmshaven) und Süd (Oldenburg-Osnabrück). Damit würde die Verspätungsproblematik zumindest abgemildert.