Kreisverband, Jeverland, Sande

Der stellvetretende Landrat Reiner Tammen findet zum Gedenken an den 8. Mai 1945 deutliche Worte

09.05.2025 · von Rüdiger Schaarschmidt

Anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus fand am Donnerstag, den 8. Mai 2025 ein Gedenkgottesdienst in der Ev. luth. Kirche in Neustadtgödens statt. Sehr kurzfristig war dabei für ein Gedenkwort des Landkreises Friesland der stellvertretende Landrat und Grüne Kreistagsabgeordnete Reiner Tammen eingesprungen, der den verhinderten Landrat Sven Ambrosy vertrat. 

Bei der Gedenkveranstaltung hat Reiner Tammen folgendes gesagt: 

Erst heute Nachmittag bei der Gartenarbeit, habe ich erfahren, dass ich diesen Termin hier übernehmen darf. Ja, darf, denn es ist ein Privileg, hier sprechen zu dürfen und das zu sagen, was ich an diesem Tag für richtig halte, das es gesagt wird. Ich spreche zwar hier als Vertreter des Landkreises , aber dennoch darf ich hier das sagen, was mir persönlich wichtig ist. 

Wenn man so wie ich schon etwas älter ist, weiß man ganz genau, um was es an diesem Tag geht, und wie wichtig dieser Tag ist. So kann ich auch zu jeder Zeit etwas zu diesem Tag sagen. Und gerade in dieser jetzigen Zeit ist das ganz besonders wichtig.

Wir sind insgesamt 43 Abgeordnete im Kreistag, für mindestens 41 von ihnen überbringe ich die Grüße des Landkreises Friesland zum heutigen 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus. Noch immer fehlen einem die Worte, um zu beschreiben, was Millionen Menschen damals erlitten haben.

Es kann wohl kein Mensch, der heute lebt und die Zeit des Nationalsozialismus nur aus den Geschichtsbüchern kennt, nachvollziehen, was damals passiert ist, was die Nationalsozialisten angerichtet haben und welche Verbrechen sie begingen.

Aber auch die Menschen aus den Ländern, die uns dann von diesen Verbrechern befreiten haben, auch sie haben Unsägliches erlitten. Wie viele sind bei der Befreiung unseres Landes getötet worden? Sei es im Osten oder im Westen.

Bei uns begann vor 80 Jahren zugleich auch die Nachkriegszeit, die Verarbeitung, das Aufwachen, das sich bewusst werden und bewusst machen, was in den Jahren vor dem 8. Mai 1945 geschehen ist, geschehen war. Die Aufarbeitung dieser Zeit hat lange gedauert, und sie dauert noch an.

Ich kann mich  noch erinnern, an Aussagen, wie beispielsweise diese: Es war auch nicht alles schlecht, was die Nazis gemacht haben …  Bloß dat mit de Juden, dat ha he nicht moken dürft! - Das habe ich alles so oft gehört…., auch in meiner Familie!

In der Schule wurde das sogenannte 3. Reich selbstverständlich auch behandelt, nicht nur einmal, auch an den weiterführenden Schulen. Irgendwann habe ich für mich gedacht: „Okay, es ist gut, ich beziehungsweise wir haben es doch jetzt verstanden…

Und heute? Die Bundesrepublik Deutschland wird von den Reichsbürgern in Frage gestellt. Nach ihrer Meinung gab es nie einen Friedensvertrag. Deutschland ist in ihren kranken Vorstellungen nur eine GmbH.

Entschuldigen Sie bitte meine deutlichen Worte, aber unter welchem Stein mögen diese Menschen hervorgekrochen sein?

Und dann eine neue Partei. Einer ihrer Vorsitzenden hat vor einigen Jahren gesagt:

„Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“.

Schlimmer, verharmlosender, überheblicher und verachtender kann man seine Gleichgültigkeit wohl nicht zum Ausdruck bringen. Das ist der absolut falsche Weg!

Unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat heute bei der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag gesagt: „Wir wissen, wohin Verachtung von demokratischen Institutionen führt“.

Und ich möchte ergänzen: Erinnerungskultur ist kein „Nice to have“, sondern eine unbedingte Notwendigkeit, ein Muss!

Danke, dass ich das hier heute sagen durfte.


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