Bockhorn

Missverständnis oder Fahrlässigkeit? Abholzung an den Regenrückhaltebecken „Am Urwald“ wirft Fragen auf

25.03.2022 · von Waltraud Voss

Die Bockhorner Grünen sind entsetzt über den Anblick des  Regenrückhaltebeckens im Baugebiet "Am  Urwald". Einen Tag vor Beginn der But- und Setzzeit wurden durch die Firma, die dort die Straßen ausbauen soll, beinahe alle Bäume und Sträucher rücksichtlos entfernt. Dadurch wurden wertvolle Brut- und Nistmöglichkeiten zerstört, die die Heimat vieler Insekten, Amphibien und Vögel waren. Durch den frühen  
Frühling waren bereits mehrere Nester gebaut. Diese sind nun ebenfalls zerstört.

Die Gemeinde teilte mit, dass ein Missverständnis zwischen Bauleitung und der ausführenden Firma vorlag, dabei war die Bauleitung bei der genauen Planung zu den Rückhaltebecken involviert.

Strauchschnitt Rückhaltebecken

Gerade einmal einen Tag vor Beginn der Brut- und Setzzeit wurden vor zwei Wochen zahlreiche Bäume an den Regenrückhaltebecken im Bockhorner Baugebiet „Am Urwald“ gefällt.

Nachdem Bockhorns Bürgermeister Thorsten Krettek in einer vorhergegangenen Ratssitzung festgestellt hatte, das vor Übernahme der Straßen im Baugebiet „Am Urwald“ in die Zuständigkeit der Gemeinde der komplette Bewuchs an den Regenrückhaltebecken entfernt werden soll, hatte die Gruppe „Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke“ im Bockhorner Gemeinderat am 28. April 2021 einen Antrag auf Erhalt des gewachsenen Biotopes an den Regenrückhaltebecken im Gebiet „Am Urwald“ gestellt.

Daraufhin gab es eine Ortsbesichtigung mit dem Bürgermeister, dem Leiter des Bauhofes, einem Mitarbeiter des Bauamtes, dem zuständigen Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Friesland, zwei Mitgliedern des Gemeinderates von „Bündnis 90/die Grünen“ sowie einem Vertreter des Ingenieurbüros, welches für den Straßenbau und die Instandsetzung der Regenrückhaltebecken zuständig ist.

Bei diesem Treffen wurde folgender Kompromiss ausgemacht: Der Bewuchs an den Regenrückhaltebecken wird wechselseitig alle 4 Jahre in dem erforderlichen Rahmen zurückgeschnitten. Ein Kahlschlag kommt nicht in Frage, da sich hier bereits ein natürliches Biotop gebildet hat.

Am 30. September des vergangenen Jahres, also fast ein halbes Jahr später, kam der Antrag zur Beratung in den zuständigen Ausschuss und anschließend am 9. November zur Entscheidung in den Verwaltungsausschuss.

Im Protokoll vom 9. November 2021 steht dazu als Hinweis der Verwaltung hinsichtlich der im Antrag angesprochenen Regenrückhaltebecken) im Baugebiet „Am Urwald“ wörtlich:

„Da hier der Bewuchs aufgrund unterbliebener regelmäßiger Pflege so weit gediehen ist, dass sich möglicherweise Lebens- und Fortpflanzungsstätten besonders geschützter Tiere etabliert haben, wurde das weitere Vorgehen bei einem Vorort-Termin zwischen Verwaltung, bauausführender Firma, dem mit der Erschießungsplanung beauftragen Büro und der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Friesland besprochen.

Folgendes wurde vereinbart:

Im Bereich der Regenrückhaltebecken soll zukünftig ein turnusmäßiger Rückschnitt der Grünanlagen in jährlich wechselnden Bereichen stattfinden. Bereits jetzt sind im westlichen Bereich die Pflanzen, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben, komplett zurückgeschnitten worden. Ohne die Funktionalität des Regenrückhaltebeckens als technische Einrichtung einzuschränken, soll unter Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte im östlichen Bereich nur an der unteren Böschungskante ein 2m-Streifen freigeschnitten werden. Der Umfang des Rückschnittes ist vorab mit der ausführenden Firma, der Unteren Naturschutzbehörde und der Gemeinde Bockhorn in einem weiteren Vorort-Termin abzustimmen.“

Alles gut, so dachte die Gruppe „Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke“. Aber weit gefehlt: Am 28. Februar wurden die Bäume gefällt. Darunter auch die unter Naturschutz stehenden wild gewachsenen Weidenkätzchen. So wurde ein über Jahre gewachsenes Biotop an einem Tag zerstört.

Strauchschnitt Rückhaltebecken

Auf Nachfrage in der Gemeindeverwaltung wusste dort niemand etwas davon. Der Bürgermeister sei auch entsetzt darüber, was dort geschehen ist. Es handele sich hier wohl um ein Missverständnis zwischen dem Ingenieurbüro und den ausführenden Arbeitern. Der Auftrag an das Ingenieursbüro habe gelautet, dass jeweils eine Seite der Rückhaltebecken beschnitten werden sollte und die Andere stehen bleibt. Da die eine Seite der Regenrückhaltebecken ja im Frühjahr schon abgeholzt wurde, dachten die Arbeiter wohl, dass jetzt die andere Seite dran wäre.

Soweit die Stellungnahme aus der Gemeindeverwaltung.

So wurden dort nicht nur wertvolle Brut- und Nistmöglichkeiten an einem stehenden Gewässer, welches auch mit diesem Bewuchs bei den gewesenen Starkregenereignissen seine Aufgabe als Regenrückhaltebecken erfüllt hatte, Heimat für Vögel, Insekten und Amphibien auf lange Zeit zerstört. Auch bereits dort brütende Vogelpaare wurde durch die Rodungen vertreiben.

Das Ganze Vorgehen, nur ein Missverständnis oder Fahrlässigkeit? Die Gruppe „Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke“ im Bockhorner Gemeinderat wartet bis heutige auf nachvollziehbare und schlüssige Antworten.


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